Wie kommen Startups zu Medienecho und worauf muss man achten? Darüber sprachen wir mit Stefan Kyora, Chefredaktor von Startupticker.ch.
Du bist Chefredaktor von Startupticker.ch. Was machst du in dieser Rolle?
Ich trage die inhaltliche Verantwortung für Startupticker.ch. Unser Ziel ist Startups relevante, aktuelle Informationen zur Verfügung zu stellen und ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Die Nachrichtenplattform informiert unsere Leser täglich über Erfolge von Jungunternehmen, Unterstützungsangebote wie Preise und über bevorstehende Events. Startup-News bringen wir 5-6 pro Tag. Auf der Webseite haben wir pro Monat mehr als 30’000 Unique Vistors, knapp die Hälfte davon aus dem Ausland. Die wichtigsten Informationen der Woche fassen wir jeweils freitags in einem Newsletter mit über 8000 Abonnenten zusammen.
Wie positioniert sich Startupticker.ch verglichen mit der Handelszeitung oder der NZZ?
Wir sind ein typisches Nischenmedium. Das heisst wir haben einen sehr klaren und engen Fokus, bearbeiten diesen aber intensiv. Wir haben seit unserem Start vor sieben Jahren über mehr als 2500 Startups berichtet. Ausserdem sind wir im Gegensatz zu NZZ und Handelszeitung ein nationales Medium, das Artikel auf Deutsch, Französisch und Englisch publiziert. Darüber hinaus verstehen wir uns durchaus auch als eine Art Startup Supporter. Dies nicht zuletzt, weil wir finanziell von mehr als 30 Support-Organisationen getragen werden.
„Wir verstehen uns durchaus auch als eine Art Startup Supporter. Dies nicht zuletzt, weil wir finanziell von mehr als 30 Support-Organisationen getragen werden.“
Unser Auftaggeber ist die Innosuisse, die Agentur für Innovationsförderung des Bundes. Die Aufgabe von Innosuisse ist es, die wissenschaftsbasierte Innovation im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Wir stehen voll hinter diesem Ziel und sind deswegen in erster Linie für die Startups da.
Trotzdem hört man von Startups dass es schwierig ist, überhaupt Medienecho zu erhalten.
Grundsätzlich sind Journalisten heute sicher offener gegenüber Startups und es erscheinen auch mehr Artikel als vor vier oder fünf Jahren. Aber die Startups müssen natürich auch ihre Hausaufgaben machen.
Firmen tendieren dazu, stark aus der Ich-Perspektive zu kommunizieren – Agenturen und Corporates nicht ausgenommen: «Wir haben ein neues Produkt lanciert», «Wir arbeiten mit der neusten Technologie», damit kommt man nicht weit. Bevor man einen Journalisten kontaktiert, sollte man versuchen zu verstehen, was ihn beziehungsweise seine Leserinne und Leser interessiert. Bei Lokalzeitungen muss der Lokalbezug klar sein, bei Wirtschaftszeitungen muss man das ökonomische Potenzial und die wichtigsten Meilensteine kommunizieren.
Für uns beim Startupticker ist ausserdem der Aktualitätsbezug wichtig. Wie unser Name schon sagt: Wir sind ein Ticker, berichten über Neuigkeiten: Was ist heute anders als gestern? Ist die Aktualität einer Information nicht klar, können wir die Information nicht bringen. Wir machen keine Hintergrundberichte und Reportagen.
„Ist die Aktualität einer Information nicht klar, können wir die Information nicht bringen. Wir machen keine Hintergrundberichte und Reportagen.“
Du hast die Relevanz angesprochen. Welche Startup-News sind relevant für eure Leser?
Wichtig ist zuerst einmal, dass wir auf Startups und damit nur einen kleinen Teil aller Jungunternehmen fokussiert sind. Uns interessieren innovative Unternehmen mit skalierbarem Geschäftsmodell, die das Potenzial und die Ambition haben, schnell und stark zu wachsen.
Berichtenswert sind für uns dann wichtige Meilensteine auf der Businessseite, die Kreise über das Startup selbst hinaus ziehen: klar umsatzrelevante Partnerschaften mit Grossfirmen, abgeschlossene Investitionsrunden, ein Markteintritt, der Gewinn von wichtigen Preisen im In- und Ausland, starkes Wachstum bei Umsatz oder Mitarbeitern und Ähnliches.
„Berichtenswert sind für uns dann wichtige Meilensteine auf der Businessseite, die Kreise über das Startup selbst hinaus ziehen.“
Für uns ist es dagegen nicht berichtenswert, wenn ein Unternehmen den fünften, sechsten oder zwanzigsten Kunden gewinnt – ausser in aussergewöhnlichen Fällen. Gewinnt ein Startup Google als Kunde, dann publizieren wir dies natürlich sehr gern. Technologische Durchbrüche können für uns auch ein Thema sein, vor allem bei Deeptech-Startups. Beispiele sind Medizintechnik- oder Biotech-Unternehmen die gute Testergebnisse erreicht haben.
Bei der Medienarbeit ist also Feingefühl gefragt.
Uns ist es bewusst, dass Medienarbeit eine Herausforderung darstellt für Startups. Viele haben die benötigte Kompetenz nicht im Haus und das Geld für eine Agentur fehlt. Entmutigen sollte das Startups aber nicht! Wie auch sonst im Startup gilt bei der Medienarbeit: überlegen, wie man Erfolg haben könnte, das heisst was für Journalisten interessant sein könnte, ausprobieren, Feedback holen und die Versuche verbessern. Es wird dann schon klappen.
„Uns ist es bewusst, dass Medienarbeit eine Herausforderung darstellt für Startups. Viele haben die benötigte Kompetenz nicht im Haus und das Geld für eine Agentur fehlt.“
Manchmal hört man den Tipp, Journalisten zuerst direkt persönlich zu kontaktieren. Was hältst du davon?
Ich kenne Startups, die auf diese Weise sehr erfolgreich waren. Gründer müssen sich allerdings bewusst sein, dass Journalisten heute unter enormen Zeitdruck stehen. Wie bei einem Elevator Pitch sollte man gut vorbereitet sein und die Botschaft auf den Punkt bringen. Der Vorteil ist, dass man sofort Feedback hat, und die weiteren Informationen, zum Beispiel eine Medienmitteilung darauf abstimmen kann.
„Wie bei einem Elevator Pitch sollte man gut vorbereitet sein und die Botschaft auf den Punkt bringen.“
Du hast die Medienmitteilung angesprochen. Was beinhaltet eine gute Medienmitteilung?
Vor allem konkrete Informationen, die für den Leser relevant und verständlich sind. Würde das meine Grossmutter verstehen? – eine Frage, die man sich immer stellen sollte.
Im ersten Teil sollte die Neugierde geweckt und die Aktualität betont werden: Wieso muss ich die Nachricht unbedingt lesen, und zwar jetzt? Anschliessend folgen relevante Hintergrundinformationen – bei Journalisten darf man nie davon ausgehen, dass sie Vorwissen haben. Lasst ein bis zwei Zitate von relevanten Stakeholdern einfliessen. Dann bringt ein «About» mit den wichtigsten Fakten zum Startup: Gründung, Kunden, Mitarbeitende, Markt, Tätigkeitsbereich. Und ihr schliesst mit einer Kontaktperson inklusive E-Mail und Telefonnummer.
Was ist das beste Format einer Medienmitteilung für Startupticker?
Wir veröffentlichen nur selten unveränderte Medienmitteilungen. Häufig formulieren wir sie um, ergänzen Informationen oder ordnen sie ein. Deswegen bevorzugen wir Word Dokumente vor PDFs. Gute Fotos sind hilfreich. Das Format spielt bei uns aber eine untergeordnete Rolle: Aufgrund unseres Auftrages dürfen und müssen wir uns Zeit nehmen, über das Format hinwegzusehen.
Über welche anderen Kanäle kommt ihr zu eueren Informationen?
Der Kern des Teams ist seit 20 Jahren im Geschäft und hat ein dementsprechend gutes Netzwerk zu Startups, Supportern und Investoren. Wir besuchen Anlässe, beobachten aber auch Twitter und LinkedIn, führen Gespräche. Und wir rufen an! Deshalb unbedingt darauf achten, dass eine Telefonnummer auffindbar ist – in der Medienmitteilung oder der Media-Page der Website. Und nehmt ab! Eine Telefonnummer angeben und dann nicht abheben ist ein absolutes No-Go. Am liebsten sprechen wir mit dem Chef oder der Chefin.
„Eine Telefonnummer angeben und dann nicht abheben ist ein absolutes No-Go.“
Gewisse Firmen bieten Medien die Exklusivrechte an einer Story an, um die Chance auf eine Publikation zu erhöhen. Zieht das bei euch?
Nein, wir verlangen nie Exklusivität.
Ein DO und ein DON’T für die Medienarbeit von Startups?
DON’T: Floskeln statt konkreter Information: Begriffe wie «cutting-edge», «next generation» oder das aktuell gerade sehr beliebte «Ökosystem» sagen nichts aus und schrecken Journalisten ab.
DO: Aktualität und Relevanz aus Leserperspektive im ersten Satz betonen.
Kontaktaufnahme per E-Mail oder Telefon?
E-Mail.
Kommunikationsverantwortliche von Startups: Kollegen oder Gegenspieler?
Kollegen, zumindest im Falle von Startupticker.ch
Stefan Kyora (53) ist seit 20 Jahren Journalist und Mitinhaber der JNB Journalistenbüro GmbH. Er befasst sich mit den Themen Startups, Innovation, KMU, Unternehmensfinanzierung und Verwandtem. Heute ist er Chefredaktor von Startupticker.ch und Ko-Autor des Swiss Venture Capital Reports. Vor seiner journalistischen und unternehmerischen Karriere hat er mit einer Arbeit zur Wirtschaftsethik an der Universität Konstanz promoviert.
Startupticker.ch ist die Schweizer Online-Plattform für Jungunternehmer, Innovatoren und Supporter. Das Informationszentrum erhöht den Bekanntheitsgrad von Schweizer Startups und rückt die lebendige und äusserst vielfältige Schweizer Startup-Szene ins Rampenlicht. Startupticker.ch handelt unabhängig im Auftrag von Innosuisse.
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